Poesie und Praxis – Texte in altchinesischer Sprache
Zum ersten Mal hat Shifu Shi Xing Long begonnen, seine inneren Erfahrungen in altchinesischer Sprache niederzuschreiben – in jener knappen, bildreichen Form, wie sie über Jahrhunderte in Klöstern und Gelehrtenkreisen gepflegt wurde. In diesen Texten verbindet sich jahrzehntelanges Üben mit dem Geist der Shaolin-Tradition – wortloses Wissen, verdichtet in Sprache.
In einem behutsamen Prozess hat er begonnen, diese poetischen Texte selbst ins Deutsche zu übertragen. Dabei geht es nicht um Übersetzung im herkömmlichen Sinn – sondern um den Versuch, Klang und Tiefe, Stille und Bedeutung über eine kulturelle und sprachliche Kluft hinweg erfahrbar zu machen. Entstanden sind persönliche, kraftvolle Texte, in denen sich Kampfkunst, Chan-Buddhismus und der westlich-östliche Dialog auf besondere Weise begegnen.

Seit einem Vierteljahrhundert zieht es mich immer wieder nach China – nicht als Tourist, sondern als Praktizierender. Aus kurzen Reisen wurden lange Aufenthalte, aus Neugier tiefe Verbundenheit. In den stillen Höfen des Shaolin-Tempels, zwischen Sandelholzduft und den Spuren unzähliger Übender vor mir, fand ich mehr als eine Kampfkunst: eine lebendige Tradition, in der jeder Stand, jeder Schattenwurf des Chan und jede fliessende Bewegung des Qigong vom buddhistischen Herzschlag dieser Lehre erzählt.
Shaolin Kung Fu ist niemals nur Technik. Die Formen sind Meditation in Bewegung, die Bewegung verkörpert die Verschmelzung von Geist und Materie. Stundenlang übte ich einfache Grundstellungen – bis Muskeln zitterten und der Verstand verstummte. Erst dann begann das eigentliche Lernen: das stille Wirken des „Yi“, das Fliessen des „Qi“ durch die Meridiane, die Erkenntnis, dass wahre Meisterschaft im Loslassen liegt. Mein Shifu pflegte stets zu sagen: „Sei wie der Bambus – fest verwurzelt in der Erde, doch leer im Kern, damit der Wind den Weg hindurchfindet.“
Nach jedem Training sassen wir auf niedrigen Hockern, Tonbecher in den Händen. Während der Pu Erh Tee unsere Müdigkeit vertrieb, wurden diese Gespräche zur eigentlichen Übung. Der Meister sprach selten von Kampf – stattdessen von „Wu Wei“ (Handeln durch Nicht-Handeln), vom Gleichgewicht wie bei Yin & Yang, oder davon, warum ein guter Kämpfer erst dann siegt, wenn er den Kampf in sich selbst beendet hat. Diese Stunden lehrten mich: Die wahre Schlacht findet zwischen Eigenbild und Wirklichkeit statt.
Mit den Jahren wurde mir klar. Wie die Mönche einst indische Sutren ins Chinesische übertrugen, so versuche ich heute, Essenz und Geist dieser Lehren über die grosse kulturelle Kluft nach Europa in die Schweiz zu tragen. Eine gewaltige Aufgabe – denn wie übersetzt man „Xin Shen Fa“ (Herz-Geist-Methode) in eine Sprache, die zwischen „Fitness“ und „Selbstoptimierung“ denkt? Doch nach 25 Jahren ist dieser Dialog zu meiner Lebensmelodie geworden. Jedes Detail – die Präzision der Qinna-Hebel, die Poesie der alten Kampfgedichte, selbst die Art, wie ein Meister Tee einschenkt – trägt dieselbe Botschaft: Wahre Kunst entsteht dort, wo Disziplin und Hingabe eins werden.
Jahrelang glaubte ich, ich müsse das Gelernte „weitergeben“. Bis ich begriff: Wahres „Wu De“ lässt sich nicht vermitteln – nur vorleben. Wie soll man „Yi Zhi Chan“ (Fingerzeig des Chan) erklären? Oder die Stille beschreiben, die entsteht, wenn Shen (Geist) und Xin (Herz) im Dan Tian verschmelzen? Jede Geste, jeder Blick, jedes Schweigen in meiner Schule trägt dieselbe Wahrheit: Der Weg entsteht im Gehen. Die Herausforderungen – kulturell, sprachlich, menschlich – sind geblieben. Doch sie wiegen nichts gegen die eine Erkenntnis:
Man muss niemand werden!
Nicht der perfekte Meister. Nicht der weise Vermittler. Die Erfahrungen haben mich gelehrt: Fertig sein heisst aufhören. Im Chan gibt es kein Ziel, nur den Moment, in dem der Übende erkennt, dass er schon immer dort war.
Heute, wenn ich in meiner Schule unterrichte, flüstert der Wind vom Songshan-Berg durch jede Bewegung. Die Herausforderungen bleiben – sprachlich, kulturell, menschlich. Doch die Brücke steht. Sie ist aus Teegesprächen und verschlissenen Trainingsschuhen gebaut, aus gescheiterten Übersetzungsversuchen und jenen seltenen Augenblicken, in denen ein Schüler plötzlich versteht, ohne zu erklären. Dies ist kein „Hobby“, sondern eine lebenslange Verschmelzung. Wie der Fluss sein Bett findet, so fand ich meine Bestimmung: Als Übersetzer zwischen Ost und West – mit Fäusten aus Stahl und einem Herzen, das im Chan still wird.
Ich bin zutiefst dankbar, dass ich diesen Pfad gehen durfte – dass Siddhartha Gautama einst die Erleuchtung fand und den Samen des Chan in die Welt säte, dass grosse Meister wie Bodhidharma das Wissen für uns bewahrten und übersetzten, und dass ich schliesslich das glück hatte in die tiefen Künste eingeweiht zu werden. Doch meine grösste Dankbarkeit gilt meinen Vorfahren, die diese Weisheit durch die Jahrhunderte trugen, und meinem Shifu, dessen unerschöpfliche Güte mich seit all diesen Jahren behütet. Er führt mich mit geduldiger Hand, lehrt mich nicht nur die äusseren Formen, sondern das Wesen hinter jeder Bewegung. Mit jedem Jahr, jedem Training, jeder gemeinsamen Tasse Tee weiht er mich tiefer in die Geheimnisse der Shaolin Kunst ein – nicht als Besitz, sondern als lebendige Tradition, die im Herzen weitergegeben wird. Möge ich dieser Aufgabe würdig sein und das Erbe in Demut weitertragen – nicht als Eigentum, sondern als Geschenk, das mich für einen Augenblick durchströmen darf.
„Der Weg ist unter den Füssen“, sagen die Shaolin Meister. Meiner führte mich 25 Jahre lang hin und her zwischen den Kontinenten. Doch im Kern ging es immer nur um einen einzigen Schritt: Den nach innen. „Der Mond spiegelt sich im Teich, ohne zu versuchen, glänzend zu sein“, murmeln die Alten. Meine Reisen führten nie nach China oder zurück. Sie kreisten immer um denselben stillen Punkt – jenen Ort in mir, wo weder Ost noch West existieren. Nur dies: Ein Atemzug. Eine leere Hand. Und das Lächeln meines Meisters, der längst weiss, dass es nichts zu erreichen gibt.
Li Fei Long, Frühling 24.5.2025
„Im Jahreskreis der Schlange, zur sanften Zeit des ersten Sommers,
als der Holunder blüht im siebenundzwanzigsten Mond.“
二十五年来,我一次次重返中国——不是作为游客,而是修行者。短暂的旅程化作长期驻留,好奇沉淀为血脉深处的共鸣。在少林寺幽静的庭院里,在檀香氤氲与历代修行者足迹之间,我找到的不止是武术:那是活着的传承,每个马步、每个禅影、每道气劲流动都在诉说佛法的脉动。
少林功夫从来超越技法。套路是动中禅,招式为形神合一。我曾数小时锤炼基础桩功,直至肌肉震颤、妄念止息。此时真正的修习方始:“意“的默运,“气“的周流,了悟至高武艺在于放下。师父常说:“身当如竹——根深扎地,中空容道风穿行。“
练功后我们盘坐矮凳,手捧陶盏。当普洱洗去疲惫时,茶席方显真修行。师父鲜言搏击,只道“无为“,说阴阳平衡,说武者唯有降伏内心方得全胜。这些时光让我明白:真正的战场在自我幻象与实相之间。
岁月让我懂得,犹如古德汉译佛经,而今我尝试将禅武精髓跨越欧亚文化鸿沟。这是艰巨使命——如何将“心身法“译解给崇尚“健身“与“自我优化“的语境?但二十五年的对话已成生命韵律。每个擒拿细节、每首古老拳诀、乃至师父斟茶的手法,都在诉说同一真谛:当戒律与奉献合一时,真艺方现。
多年间我以为必须“传承“所学。直至悟得真正的“武德“无法言传——只能活现。“一指禅“怎可解说?当“神“与“心“在丹田交融时的寂静如何描述?如今在欧洲教学中,每个眼神、每次静默都承载同一真相:路在行中显。文化差异、语言隔阂、人心距离仍在,但较之这了悟皆轻若微尘:
你本无需成为谁!
非完美宗师,非智慧桥梁。少林古墙教我:求圆满处正是歇心时。禅门无目的,唯有修行者顿觉本来就在的当下。
如今在欧洲授课,嵩山的风穿过每个招式。挑战仍在——语言、文化、人心。但桥梁已立:它由茶叙与磨穿的练功鞋构筑,由失败的翻译与弟子顿悟的稀有片刻垒成。这不是“爱好“,而是终身的交融。如溪自觅其壑,我找到了使命:做东西方的译者——钢拳铁脚包裹着禅寂之心。
我深深感恩得履此道——感恩释迦牟尼佛正觉弘法,播撒禅种;感恩达摩祖师等大德传译经义;更感恩得蒙传授少林深奥武学。然最深的感恩,归于薪火相传的历代祖师,归于师父这些年来无尽的慈悲护持。他以耐心之手引导我,不仅传授外式,更教授每招背后的心法。年复一年,通过每次练功、每盏共饮的清茶,他渐次为我揭开少林功夫的奥义——这不是可以占有的技艺,而是以心传心的活法脉。愿我能不负此托,以谦卑之心承续这份遗产——它从来非属任何人,只是暂借我们流淌的恩典。
„路在脚下“,少林师父说。二十五年来我的足迹往返大洲,但核心始终只是那一步:向心而行。“月印潭心,不期皎洁“,老者低语。我的旅程从未真正往返中国,始终绕着同一个静点——那个超越东西的所在。唯余:一息。空手。师父早已洞悉本无所得的微笑。
李飞龙,
歲在乙巳年孟夏槐月廿七日

Vier Jahrzehnte wandere ich nun auf diesem Weg. Fünfundzwanzig Jahre lang kehre ich zurück – in die stillen Hallen des Shaolin Tempels und in die schlichte Hütte meines Meisters, dorthin, wo die Quelle noch klar fliesst.
Als ich begann, kannte die westliche Welt diese Künste kaum. Was ich in China lernte, war nicht Glanz, nicht Ruhm, sondern das stetige Flüstern der Demut. Die Faust, die sich öffnet, um Mitgefühl zu schenken. Der Körper, der sich beugt, um Weisheit zu empfangen.
Kampfkunst ist kein Zirkus, kein Spektakel für die Augen. Sie ist ein langes Gespräch zwischen Meister und Schüler, zwischen Atem und Erde, zwischen Schweigen und Einsicht. Wer wahrhaftig übt, trägt seine Kunst wie ein unscheinbarer Stein im Fluss – glatt geschliffen von der Zeit, nicht von Eigenlob. Doch heute sehe ich die Tempelplätze überflutet von flüchtigen Besuchern. Sie kommen mit leeren Händen und gehen mit Urkunden, nennen sich nach wenigen Wochen „Meister der Shaolin Künste“, schmücken ihre Wände mit Titeln, die sie nicht erarbeitet haben. Ihre Bewegungen sind laut, aber ihre Wurzeln sind dünn wie Herbstgras.
Die sozialen Medien sind voll von ihnen: Männer, die sich in goldenem Licht inszenieren, während ihre Worte von Demut hallen – und ihre Taten von Gier. Sie zeigen Muskeln, wo es um Geduld geht. Sie prahlen mit Techniken, wo es um Hingabe geht. Jeden Tag ein neues Bild, jeden Tag ein neues Selbstlob. Doch ein wahrer Meister wächst im Verborgenen, wie Bambus im Dunkeln – langsam, ungesehen, bis er eines Tages den Himmel berührt, ohne sich darum zu bemühen.
Mein Meister hat keinen Account im Internet oder Sozialen Medien.
Sein Name trendet nicht. Sein Gesicht glänzt nicht in gestellten Videos. Er lehrt in einem Raum ohne Spiegel, wo der Staub der Jahrhunderte sich auf alten Holzbalken niedergelassen hat.
Seine Hände formen keine spektakulären Posen für die Kamera – sie korrigieren schweigend meine Haltung, wie ein Gärtner, der zärtlich einen jungen Bonsai formt. Wenn ich in der Schweiz gefragt werde:
„Wer ist dein Meister?“und ich seinen Namen nenne, ernte ich oft nur Achselzucken. „Den kenne ich nicht“, sagen sie dann, als wäre ein Meister daran zu messen, wie viele ihn kennen. Doch dann kommen die Gegenfragen: „Kennst du Meister So und so? Der mit 100.000 Followern? Der mit den viralen Videos und teachings?“
Ich schweige.
Denn was soll ich sagen? Dass die wahren Meister nicht im Rampenlicht stehen, sondern im Kerzenschein ihrer stillen Übungshallen? Dass ein echter Meister nicht nach Anerkennung giert, sondern sie wegwischt wie Staub von seinem Übungsplatz?
Die Welt hat vergessen, dass die tiefsten Wurzeln nicht zu sehen sind. Dass die besten Früchten nicht an der Strasse wachsen, sondern in verborgenen Gärten.
Heute zählt nur, was blendet.
Nur, was in 15 Sekunden beeindruckt. Die sozialen Medien sind voller „Meister“, die ihre Kunst wie billigen Schmuck zur Schau stellen – während die wahren Hüter der Tradition ihr Leben lang üben, ohne je ein „Like“ zu verlangen.
Der beste Meister ist nicht der,
dessen Name in jeder Timeline auftaucht. Sondern der, dessen Unterricht man erst nach Jahren wirklich begreift. Der, der keine Zertifikate verteilt, sondern lebenslang Schüler prägt. Mein Meister wird nie berühmt sein.
Und genau das macht ihn echt.
Denn die wahre Kunst ist wie der Wind in den Bergen: Alle hören von ihm – doch nur wenige wissen, woher er wirklich kommt.
Misst die Meister nicht an ihren Worten, sondern an ihrem Schweigen. Nicht an ihren Videos, sondern an der Tiefe ihrer Verbeugung. Ein wahrer Meister fragt nicht nach Likes, sondern nach deinem Herzen. Er lehrt nicht vor der Kamera, sondern im stillen Raum, wo kein Applaus ihn belohnt. Die alten Pfade sind noch da. Sie warten hinter verschlossenen Türen, in Höfen, die kein Instagram Licht je erreicht. Wo ein Meister seinen Tee trinkt, ohne zu erzählen, wie weise er ist. Wo ein Schüler viele Jahre übt, bevor er es wagt, den Titel „Meister“ zu tragen. Such nicht mit den Augen. Such mit dem Herzen. Denn die wahre Kunst fliesst wie ein verborgener Fluss – unsichtbar für die Eiligen, unendlich für die Geduldigen.
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert wandere ich zwischen den Bergen der Schweiz und den Tempeln Chinas. Jede Reise ist eine Rückkehr – nicht nur zu meinem Meister, sondern zu einer Haltung, die im Westen oft verloren geht wie Blütenblätter im Wind.
Mein Meister lehrte mich mehr als Bewegungen. Er lehrte mich „Sein“. Respekt, der nicht nur eine Geste ist, sondern eine tiefe Verbeugung der Seele. In der Schweiz sprechen viele von Anstand, doch oft bleibt er eine Maske, die sich dreht wie eine Fahne im Wind. In China nennt man solche Menschen „bai yan lang“ – Wölfe im Schafspelz, die dir ins Gesicht lächeln und hinter deinem Rücken die Zähne zeigen.
Doch die wahre Kampfkunst beginnt nicht mit der Faust, sondern mit dem Herzen. Mitgefühl muss weiter reichen als der eigene Blick. Güte darf nicht verstummen, wenn der Rücken sich wendet. Und der erste Schritt auf diesem Weg? Die Wurzeln ehren!
Unsere Eltern sind wie Buddhas an unserem heimischen Altar – sie tragen uns, lange bevor wir verstehen, was das heisst. Die Grosseltern sind die lebendigen Brücken zur Vergangenheit. Und der Meister? Er ist der, der den Pfad schon tausendmal gegangen ist, bevor wir unsere ersten Schritte wagten. Wie viele Stunden hat er uns gewidmet? Wie viele Worte, wie viele Schweigemomente voller Weisheit?
Doch im Westen verkümmert die Rolle des Meisters zu einer Dienstleistung. Man bezahlt, man fordert, man geht. Der Schüler bestimmt, der Meister gehorcht – als wäre Weisheit eine Ware, die man nach Belieben bestellt. Die Tradition aber lehrt uns: Der Weg ist kein Supermarkt. Er ist ein Tempel, und wer eintritt, sollte die Schuhe ausziehen – im Herzen wie im Geist.
Ich wünsche mir, dass die nächste Generation wieder lernt, was es heisst, sich zu verneigen. Nicht aus Unterwerfung, sondern aus Dankbarkeit. Nicht aus blindem Gehorsam, sondern aus tiefer Verbundenheit. Denn in dieser Haltung liegt das Geheimnis der Kampfkunst – und einer Kultur, die Jahrtausende überdauert hat.
Mögen wir wieder lernen, den Meister zu sehen. Mögen wir wieder lernen, den Weg zu gehen – nicht nur mit den Füssen,
sondern mit der Seele.
Li Fei Long, Frühling 27.5.2025
„Im Jahre der schimmernden Schlange, als der erste Sommerhauch die Holunderblüten wiegt, am letzten Abend des Mondmonats.“
四十载求道行
吾行此路,已四十春秋。二十五载寒暑,吾皆返归少林古刹之幽廊,师者陋室之柴扉,清泉犹洌之处。
初学艺时,西方知此道者鲜矣。在中原所学,非浮华,非虚名,乃谦卑之絮语恒存。化拳为掌,是为布施慈悲;躬身而礼,方得承接智慧。
武道非戏法,非眩目之技。实乃师徒间绵长对话,吐纳与厚土之应和,静默与顿悟之交融。真修者携艺,若溪中卵石——经年累月,流水琢之,非自诩之功。然今观寺前广场,尽为匆匆过客所淹。彼辈空手而来,携证而去,习数周便自称“少林大师“,悬虚名于高墙。其形喧哗,其根却浅若秋草。
社交媒体之上,此类辈比比皆是:鎏金光影中作态,口中念着谦卑,行止却露贪婪。本当修忍耐处,彼炫耀筋肉;本当求虔诚时,彼卖弄技巧。日发新图,日自吹擂。然真师者,若暗处之竹——潜滋暗长,不为人见,终有一日触天,却非刻意为之。
吾师无账号。其名不上热搜。其容不现于摆拍影像。授艺之室无镜,百年尘埃栖于梁木。其手不摆奇姿以媚镜头——惟默然校正吾之身形,若园丁修剪幼松。
在瑞士,人问:“尊师何人?“吾道其名,多见耸肩。“未闻其名“,彼辈言,似师者价值可由知晓者多寡衡量。继而反问:“可识某大师否?粉丝十万者?炫技视频疯传者?“
吾默然。
当何所言?岂不知真师者不立聚光灯下,而处烛影摇红之静室?岂不知明师不求掌声,拂赞誉若拭案上尘?
世人已忘,至深之根不可见。至美之果不生道旁,而在幽园。
今人惟眩目是求。惟十五秒惊艳为务。社交媒体充斥“大师“,炫技若市井叫卖——而真守传统者,终身修习,不求一赞。
明师非名满天下者。乃授業经年方悟其深者。非颁证授衔者,乃以一生塑弟子者。吾师永无盛名。此正为其真。
盖因真艺若山间风:众人皆闻其声——然知其所从来者,鲜矣。
量师者,不当观其言,而当察其默。非视其视频,而当观其躬身之深。真师不问点赞,但叩汝心。不临镜头授课,惟处静室传道,不期喝彩。
古道犹存。隐于重门之后,庭院深深,滤镜之光不及。师者饮茶,不道己智。弟子修习多年,方敢称“师“。
勿以目寻。当以心求。因真艺若潜流——性急者不见,惟耐心者得窥其无穷。
四分之一世纪以来,吾徘徊于瑞士群山与中国古刹之间。每番旅程皆是归途——非惟谒师,更为寻回西方早已遗失如风中落花之心境。
吾师授吾者,超乎招式。乃教吾“存世“之道。恭敬非止仪态,更是灵魂深揖。在瑞士,人多言礼,然常流于表面,若风向标转动无定。中原谓此类人“白眼狼“——当面笑靥如花,背后獠牙森森。
然真武道不起于拳脚,而始于心念。慈悲当越目力所及。仁善不可因背向而止。此道初阶为何?敬根本!
双亲如家中佛龛——承载吾辈于懵懂之前。祖辈乃连接往昔之活桥。而师者?乃千次踏径人,方引吾等初行者。耗费几多光阴?几多言语?几多默然时刻盈溢智慧?
然西方师道沦落若服务。付费、索求、离去。弟子做主,师者听命——似智慧可如货品随意订购。然传统示吾:此道非超市,乃庙堂。入者当脱履——身心俱净。
吾盼新生代重学躬身之义。非出于屈从,而出于感恩。非因盲从,而因深契。因此态中藏武道真谛——亦存穿越千载文明之秘钥。
愿吾辈重学明师之道。愿吾辈重行此路——非徒以足,更以魂灵。
李飞龙,
歲在乙巳年孟夏槐月晦日

Der nachmittägliche Tee – Ein Tor zur Buddha-Natur
Die schräge Sonne des Spätnachmittags malt goldene Muster auf unseren kleinen Teetisch. Draussen ruht die Welt in jenem besonderen Licht, das nur die Stunde zwischen Tag und Abend kennt. Ich fülle die kleine Teekanne mit Wasser, das sanft zu singen beginnt, bevor es zum Kochen erwacht.
Mein Meister atmet tief ein, während sich die Teeblätter im heiligen Bad entrollen. „Sieh“, flüstert er, „wie jedes Blatt seinen eigenen Tanz findet – genau wie die Wege zur Erleuchtung.“ Die Guqin in der Ecke des Raumes, der Pinsel auf dem Schreibtisch, die leeren Übungsschuhe an der Tür – sie alle warten auf ihre Stunde, doch jetzt ist die Zeit des Tees.
Der erste Aufguss duftet nach sommerlicher Wiese. Wir trinken schweigend, während die Schatten länger werden. In der Stille zwischen zwei Schlücken höre ich den Fluss des Lebens – im Zwitschern der Spatzen, im Rascheln der Blätter unseres Bambus vor der Tür.
„Der Tee schmeckt heute nach Einsicht“, sagt der Meister lächelnd. Nicht besser oder schlechter – einfach anders, wie jeder Augenblick einzigartig ist. Die Blätter in meiner Schale tanzen langsam im Kreis, ein Mikrokosmos des grossen Dharma-Rades.
Beim zweiten Aufguss fällt ein Sonnenstrahl genau auf unsere Teeschalen. Die warme Frühlingssonne von eben ist nun zur sanften Abendsonne geworden. „Alles verändert sich“, murmelt der Meister, „nur die Buddha-Natur bleibt.“ Die Kalligraphien an der Wand, die wir immer wieder bewundern, der Klang der Guqin, der aus dem Zimmer dringt, wo Shi Niang spielt – alles Ausdrucksformen derselben ewigen Wahrheit.
Die Dämmerung kommt leise herein. Die letzte Tasse trinken wir im Halblicht, während der Mond sich in einer dünnen Sichel zum ersten Mal zeigt. Der Geschmack des Tees vermischt sich mit dem Duft von Sandelholz, mit den letzten Vogelrufen, mit der Stille unseres Herzens.
„Der Tag geht“, sagt der Meister, „doch der Weg bleibt.“ Wir räumen die Schalen weg, nicht als Ende, sondern als Übergang. Draussen beginnt der Mond seine Reise über den Himmel – ein weiterer Lehrer, ein weiterer Pfad zur Erleuchtung. Und morgen Nachmittag, wenn die Sonne wieder diesen goldenen Winkel erreicht, werden wir erneut sitzen und verstehen: Der Tee war nie einfach nur Tee. „Chan Cha Yi Wei“ – der Tee des Chan hat nur einen Geschmack, den Geschmack der Wahrheit.
Trinke bewusst. Lebe achtsam.
Li Fei Long, Frühling 30.5.2025
„Im Jahre der Holz Schlange, als erste Granatblüten den Sommer ahnen lassen, am dritten Tag des lachenden Mondes.“
午后茶——通向佛性之门
斜阳为茶桌描上金纹,
世界沉浸于昼夜交替的殊胜光影。
我注水入壶,
听水吟将沸未沸之音。
师父深息观茶叶舒展:
„看,每片叶皆跳独舞,
如万千悟道之门。“
琴在隅,笔在案,练功鞋静候——
此刻唯茶时。
初沏茶汤漫出夏草香,
对饮时影渐长。
啜饮间的静默里,
我听见生命流——
雀啼竹簌,俱是法音。
„今日茶味似开悟。“
师父含笑语。
非优劣,只是不同,
如每一刻皆独特。
叶旋盏中,
恰似法轮之微观。
再沏时一束光正落茶盏,
春日暖阳已成温柔暮色。
„万法皆变,“
师低语,
„唯佛性常住。“
壁上墨宝,邻室师娘琴韵——
无不是同一真如示现。
暮色悄临,
新月如钩初现时共饮终盏。
茶香混着檀息,
伴着倦鸟归鸣,
融入心之静寂。
„日将尽,“
师父道,
„道恒在。“
收盏非终,而是转境。
窗外明月启程——
又一位导师,又一条觉路。
待明日斜阳再临金角,
我们又将坐下领悟:
茶从来不只是茶。
„禅茶一味“——
禅茶无别味,真理是至味。
静心饮茶。活在当下。
李飞龙,
歲在乙巳年仲夏榴月三日