Wu

Die drei Pfeiler des Shaolin Systems sind Chan Wu Yi.

Eine Kalligrafie von Wu (Kampf) von Shi De Feng.

Wu

Kampf, Krieg

 

Im Shaolin System basiert Wu auf den Grundlagen von Chan (Tipp: Für ein noch besseres Verständnis von Wu, befasse dich zuerst mit den einleitenden Worten und dann Chan), dem höheren Bewusstseinszustand der Meditation. Dazu wurden Trainingsmethoden zu dessen Kultivierung entwickelt.

Wu kann man aus verschiedenen Richtungen betrachten. Heute wird dies häufig mit einem äusseren Kampf assoziiert – einem Kampf zwischen zwei Nationen oder einem Streit etwa. Ein Kampf kann aber auch im Inneren stattfinden – Ein Kampf mit dem eigenen Ego, ein Kampf zwischen zwei Gedanken oder zwischen Verstand und Herz. Oftmals sagen Leute: Mein Kopf sagt das, aber mein Herz sagt mir etwas ganz anderes. Auch das ist Wu. Der Feind liegt oft in uns. Unser Kampf findet im Alltag statt. Wir sorgen und stressen uns, sind unsicher, traurig und wütend, können nicht abschalten und haben unsere Emotionen nicht im Griff – selten sind wir grundlos glücklich. Durch die Kampfkunstpraxis lernen wir unser psychisches Innenleben zu erforschen und positiv zu transformieren. Dies sollte der Hauptgrund sein, warum wir die Kunst des Kampfes üben.

 

„Der Zweck unseres kostbaren Lebens ist nicht, dass unsere Lebensweise der Sinn unseres Lebens wird.“ 6

 

Aufgrund von äusseren Methoden lernen wir, in unseren inneren Kämpfen zu siegen. Das Äussere ist nicht vom Inneren zu trennen. Wie aussen, so innen. Wie innen, so aussen. Wie weit diese Praktiken im äusseren Kampf oder im Inneren geführt werden, hängt davon ab, wie weit der einzelne im Chan entwickelt ist. Es ist ein Unterschied, ob man rein äusserlich praktiziert oder äusserlich aufgrund einer inneren Substanz. Übt man rein äusserlich, verkommt das Kung Fu zum Sport. Und so wird es leider in vielen Schulen weltweit praktiziert.

Die Essenz der Shaolin Kampfkunst unterscheidet sich von anderen Stilen. Das Fundament ist Chan. Der Trainingsschwerpunkt sollte so gesetzt sein, dass er unserer Gesundheit langfristig nützt. Dazu bietet die Shaolin Kunst verschiedenste Methoden von Wu – Verfahren um seinen Körper, Emotionen, Gedanken und Energien in einem wohltuenden Sinne steuern zu können. Zu diesen Methoden gehören Kung Fu, Anwendungen, Sanda (Vollkontakt), Taolu (Formen) oder etwa Praktiken mit Waffen.

 

„Es ist sinnvoller im Leben danach zu streben nichts zu sein, als danach zu streben etwas zu sein.“ 7

 

Eine traditionelle Kampfkunst ist weit mehr als spektakuläre und akrobatische Übungen. Kung Fu heisst übersetzt so viel wie „harte Arbeit“ oder „etwas durch stetes üben Erreichtes“. Dies bezieht sich auf die äussere, aber auch auf die innere Arbeit. Geduld und Beharrlichkeit über viele Jahre ermöglichen Erkenntnis, persönliche Entwicklung und Zufriedenheit. In China reduziert man Kung Fu nicht auf die Kampfkunst, so kann man auch ein hohes Kung Fu beim Kochen oder Gärtnern erreichen. In einer traditionellen Schule sollte neben der körperlichen Schulung immer auch die Persönlichkeitsentwicklung als wichtiger Aspekt betrachtet werden. Wu De, übersetzt „die Kampfkunstmoral“, gilt hierfür als Lehrplan der charakterlichen Ausbildung und sollte eng in den Unterrichtsalltag integriert sein. Wu De besteht aus 13 Themen, welche in drei Teile strukturiert sind: Fünf Tugenden des Geistes, fünf Tugenden des Handelns und zusätzlich drei erwartete Tugenden. Die Schönheit der Kampfkunst liegt in der Entwicklung der Tugenden.

Aufgrund der grundsätzlichen Ausrichtung von Wu auf Chan, aber der weiten Verbreitung von Shaolin Schulen, welche nicht auf dem Fundament von Chan Wu Yi aufbauen, bestehen heutzutage Missverständnisse bezüglich Effizienz und Anwendungskontexte von Wu.

Kampfkunst sollte nur zu Selbstverteidigungszwecken verwendet werden, dies geht aus dem Chan Verständnis hervor. Der Ort Shaolin galt als Ballungsraum bekannter Kampfkünstler, Feldherren, Offizieren und Staatsmännern. Zudem waren die Mönche in der Geschichte von Shaolin oft in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt. Es muss klar statuiert werden, dass dies in der Geschichte von Shaolin leider nicht immer nur im Zusammenhang mit der reinen Selbstverteidigung der Fall war. In diesem Kampfkontext zeigte sich schnell, was praktikabel und kampftechnisch wertvoll war. Es galt, im entscheidenden Moment von Leben und Tod Klarheit und Ruhe zu wahren. Man hatte keine Möglichkeit nachzudenken. Nur im Sein, im Einklang mit den Grundprinzipien, im Gleichgewicht von Körper und Geist kann man im Bereich der reinen Intuition agieren. Diese Umstände führten über die Jahrhunderte dazu, dass sich in Shaolin eines der hochangesehensten, bekanntesten und effizientesten Kampfkunstsysteme herausgebildet hat und heute unter Shaolin Kung Fu bekannt ist. In diesem System beinhaltet jede Bewegung verschiedenste offensichtliche und versteckte Anwendungskomplexe, reine Showelemente gibt es in traditionellen Formen nicht.

 

„Man kann alles mit nichts erreichen.“ 8

 

Wesentlich, ob jemand Shaolin Kung Fu meistert, ist, ob er die dahinterliegenden Prinzipien verstanden hat. Gutes Kung Fu erkennt man nicht an Techniken, sondern an der Verinnerlichung von Prinzipien, an der Wirksamkeit der Reaktion – agiert jemand natürlich, effizient und effektiv der Situation entsprechend oder eben nicht. Ein wichtiger Ausspruch im Shaolin Kung Fu bedeutet Gang Rou Bing Jin und bedeutet so viel wie: „Das Harte und das Weiche zusammenführen.“ Auch im Alltag müssen wir manchmal hart, manchmal weich sein und vor allem wissen, wann welche Eigenschaft angebracht ist.

In der Kung Fu Praxis wird eine umfassende Einheit von Willen, Verstand, Emotion und körperlicher Ausrichtung angestrebt – das Erleben von Einspitzigkeit. Präsent, leer, frei im Hier und Jetzt, ohne Bewertung und Urteil verweilt der Praktizierende in diesem Zustand. Die Gedanken und Emotionen gelangen zur Ruhe. Das Bewusstsein richtet sich dabei so aus, dass es nicht mehr die Bewegung macht, sondern die Bewegung ist. Dies nennt man das Erleben von Chan. Sind wir in einem Zustand frei von Ängsten, Stress und Sorgen, völlig gelöst, energiegeladen, gesund und sind alle physischen und psychischen Prozesse einsgerichtet, ist dies überall von Nutzen – bei der Liebe genauso wie bei einem Arbeitskonflikt. Kung Fu und Chan kann alles sein – Kochen, arbeiten oder mit den Kindern spielen. Die Kunst des Shaolin Kung Fu ist eine Kunst des Lebens.

Die Entwicklung des Übenden soll die Klarheit des Denkens fördern sowie zur Humanität, Furchtlosigkeit und Entschlossenheit erziehen.

Erreicht man in Wu einen Zustand von Leere und tiefer Ruhe, entwickelt man sich automatisch im Yi – der Medizin oder Gesundheit, der Innenerfahrung und Stärkung der Selbstheilungskräfte. Um im Aussen und Innen praktizieren zu können, hilft Yi.

Erfahre nun mehr über Yi.

Unsere Hauptmethoden, mit welchen wir dich im Wu unterstützen:

Shaolin Kung Fu

Sanda

Taijiquan

Aus:

Über die Philosophie der traditionellen Shaolin Kultur: Eine Abhandlung über Chan Wu Yi der Stilrichtung Familie Wang
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Shaolin Chan Tempel Schweiz
Verweise sind zu Kennzeichnen & das Einverständnis für Textverwendungen bei der Autorenschaft einzuholen.
Autorenschaft Text & Zitate: Shi Xing Long (Roger Stutz) & Dominik Pfyffer

Zitate:
1: Dominik Pfyffer – 2: Shi Xing Long – 3: Shi Xing Long – 4: Dominik Pfyffer –  5: Dominik Pfyffer – 6: Shi Xing Long – 7: Shi Xing Long – 8: Dominik Pfyffer – 9: Shi Xing Long – 10: Shi Xing Long – 11: Dominik Pfyffer – 12: Shi Xing Long