240 Stunden Shaolin – Riccardo
Riccardo ist 29 Jahre alt und kommt aus Zürich. Er arbeitet als Projektleiter Zukunftsthemen und studiert Psychologie. Riccardo verspürt schon seit langem eine Faszination für Kampfkünste. Dieser ist er einmal mehr, einmal weniger nachgegangen.
Nun wollte er während zwei Wochen ganz eintauchen…
Riccardo, du bist noch nie im Shaolin Chan Tempel gewesen und hast dich entschieden, gleich 2 Wochen zu kommen. Was bewegt einen Menschen zu diesem Entscheid?
Private Umstände haben mir die Möglichkeit geboten, zwei Wochen Ferien für mich alleine zu planen. Gleichzeitig hege ich schon länger den Wunsch, mich intensiver mit Kampfkunst auseinanderzusetzten und mich über eine längere Zeit mit Fokus einem Thema widmen zu können. Ich habe dann im Internet recherchiert und bin dann auf diese Möglichkeit und Kung Fu gestossen. Dank den Intensivwochen kommt man schnell auf ein gewisses Niveau, an welches man dann anknüpfen weiter pflegen kann.
Du hast gesagt, dass Kampfkünste immer schon ein Thema waren bei dir. Möchtest du mehr erzählen?
In der ersten und zweiten Primarklasse habe ich Judo gemacht. Durch den Wohnungswechsel habe ich das dann auf Eis gelegt. Ich hatte immer wieder zu verschiedenen Zeitpunkten das Bedürfnis, Kampfkunst auszuüben. Dieser Wunsch war immer latent da. Richtig nachgegangen bin ich dem nie – dies hauptsächlich aus zeitlichen Gründen. Weiter habe ich noch nicht den Sport oder die Kunst gefunden, welche mich so gepackt hat, dass ich nachhaltig darauf aufbauen konnte oder sie verfolgen wollte.
2 Wochen Shaolin Intensiv sind ein eher spezielles Ferienprogramm. Wie haben Familie/Freunde/Freundin darauf reagiert?
Durchwegs positiv!
Sie fanden es alle mega spannend. Einige meinten, dass sie so etwas auch gerne machen würden und dass ich ihnen dann unbedingt erzählen soll, wie es war.
Und wie waren die ersten Stunden und Tage im Shaolin Chan Tempel?
Wie es der Name sagt: Intensiv 🙂
Intensiv war es dabei nicht nur auf körperlicher Ebene. Mich erwarteten gleich viele, neue Eindrücke. Zu Beginn war es teilweise auch recht frustrierend. Du beschäftigst dich mit für dich fremden Bewegungsabläufen und somit völlig neuen Verknüpfungen im Gehirn. Es war aber auch eine positive Herausforderung und nach kurzer Zeit konnte ich mich ganz darauf einlassen.
Die Räumlichkeiten sind sehr schön und die Umgebung mit Wald und Bach unterstützen und fördern die verschiedenen Trainingseinheiten. Dass das Wetter die ganze Zeit so gut war, half natürlich ebenfalls. Die Leute hier sind sehr sympathisch, die Stimmung familiär. Das half sich einzuleben. Zudem habe ich mit gleich sehr gut mit Dominik, meinem Instruktor, verstanden und gut aufgehoben gefühlt.
Der Shaolin Chan Tempel ist definitiv ein Ort, wo man sich wohl fühlt, professionell gefordert wird und trotzdem sich selbst sein kann. Man muss sich nicht verstellen.
Du hast nicht nur 1 Woche gemacht, sondern gleich 2 Wochen. Was war dein Revue nach einer Woche?
Ich hatte vorgängig mit Dominik besprochen, ob ich das Wochenende hierbleibe oder nach Hause gehe. Er meinte, dass ich dann auch kurzfristig noch entscheiden kann. Ich habe mich dann entschieden, das Wochenende bei mir zu Hause zu verbringen.
Das Wochenende ganz für mich selbst half, all die vielen Eindrücke zu reflektieren und setzen zu lassen. Natürlich brauchte auch der Körper seine Ruhe. So konnte er regenerieren. Ich fragte mich selbst, ob es sich nach dieser intensiven Woche lohnt, gleich nochmals eine zu investieren. Und ich habe es definitiv nicht bereut. Nach der «Kennenlern Woche» konnte ich nochmals richtig eintauchen und eine gewisse Tiefe in einigen Themen erreichen.
Wie würdest du einem Aussenstehendem das Leben im Shaolin Chan Tempel erklären?
Es ist wie eine eigene Welt, die wie für sich selbst am Funktionieren ist. Nach 1-2 Tagen löst du dich von deinen Alltagsproblemchen, die du so hast. Es ist ein Herunterfahren. Während du einerseits völlig herunterfahren kannst, ist die Zeit auch echt intensiv – nicht nur körperlich. Du wirst so richtig hineingesogen und studierst selten an Alltagsthemen herum, die dich beschäftigt haben, bevor du hierhergekommen bist. Du beschäftigst dich mehr mit dir selbst, was dir wirklich wichtig ist im Leben.
Du hast zwei Wochen Seite an Seite mit Dominik, deinem Lehrer, gelebt. Wie ist es so, wenn man plötzlich so viel Zeit mit einer fremden Person verbringt?
Darüber habe ich mir vorgängig gar nicht so viele Gedanken gemacht.
Zum Glück hat sich schnell herausgestellt, dass wir die gleiche Wellenlänge haben und wir uns auch ausserhalb vom Lehrer/Schüler Verhältnis sehr gut verstehen. In einer solcher Situation ist es nicht immer einfach, die verschiedenen Rollen zu leben. Das hat bei uns zum Glück sehr gut funktioniert. Ich denke, das lag vor allem daran, dass wir uns auf vielen Ebenen gut verstanden haben. So haben wir einen super Mix aus Professionalität, Humor und freundschaftlicher Ebene gefunden – und wussten auch immer, auf welcher Ebene wir uns gerade befinden. Seine Ausgeglichene Art half dabei enorm.
Du hast zu Beginn erwähnt, dass du Probleme mit dem Herzen hast. Wie ging das in den zwei Wochen?
Richtig, wenn ich über eine längere Zeit einen hohen Puls habe, bekomme ich Herzrhythmusstörungen. Ich habe sie generell gut im Griff, da ich meine Grenzen in der Zwischenzeit kenne. Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass noch mehr möglich ist.
Die Trainingseinheiten im Shaolin Chan Tempel waren so gestaltet, dass sie fordernd waren, aber nicht überfordernd. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, wieder Vertrauen in meinen Körper zu gewinnen. Es ist für mich eine grosse Erkenntnis, dass es auch möglich ist, an gewisse Trainingsintensitäten zu gehen, ohne ständig die Angst von Rhythmusstörungen im Hinterkopf haben zu müssen.
Hast du etwas vermisst in dieser Zeit?
Erholsamer Schlaf 🙂
Tatsächlich hatte es sehr viel Mücken in der Nacht. Ebenfalls bin ich ein Mensch der auch gerne alleine ist und Zeit für sich braucht. Ein Stück weit fehlt hier die Rückzugsmöglichkeit und Privatsphäre. Auch wenn die Anzahl an Menschen durch den Tag stark variierten, so bist du doch selten ganz alleine.
Nach ein paar Tagen war dieses Gefühl aber weniger ausgeprägt. Du hast dich an den Ablauf, die Leute und die Räumlichkeiten gewöhnt. Du weisst, wann es viele Leute hat und wann nicht. So konnte ich mich darauf einstellen und erlebte es nicht mehr als Stress. Und wenn ich einmal Zeit für mich brauchte, bin ich auch einfach einmal eine halbe Stunde oder eine Stunde nach draussen in den Wald gegangen.
Und was hat dir hier am meisten gefallen?
Obwohl alle Themen so unterschiedlich sind, fliesst hier alles ineinander. Alles ist miteinander verknüpft. Du kannst nichts isoliert betrachten. Schlussendlich sind alle Künste eins und es gibt nur unterschiedliche Arten, wie man mit Körper und Geist darauf eingeht. Auch wenn das von aussen nicht auf den ersten Blick sieht. Shaolin Kung Fu ist nicht nur Kung Fu – sondern zugleich auch Qi Gong, Mediation, Qinna und Sanda. Das ganze Package mit seinen unterschiedlichen Intensitäten und Arten macht es aus.
Gibt es eine Situation, die dir besonders in Erinnerung bleiben wird?
Das Meditieren am Bach. Das Setting hat absolut gepasst. Obwohl ich vorher kaum längere Meditationserfahrung hatte, haben wir an mehreren Tagen rund 2 Stunden meditiert. Die Trainingssequenz bei der Kirche am Fusse vom Pilatus war ebenfalls sehr eindrücklich. Wir konnten in der Stille Praktizieren und gleichzeitig den Ausblick über das ganze Tal geniessen.
Die Sanda Trainingseinheiten bleiben mir ebenfalls in Erinnerung. Mit meinen Herzproblemen hatte ich zuerst bedenken, konnte aber genau dort viel Vertrauen in meinen Körper gewinnen. Alle Teilnehmenden gaben ihre volle Energie und waren 100% fokussiert. Das hat man richtig im Raum gespürt. Diese Stimmung war beeindruckend.
240 Stunden Shaolin – wie geht es jetzt weiter?
Die zwei Wochen haben mir einen breiten, auf Anfängerstufe sehr tiefen Einblick ermöglicht. Diese Fähigkeiten, welche ich mir in den zwei Wochen aneignen konnte, das wäre schade, wenn ich nicht darauf aufbauen würde. Ich habe in diesen zwei Wochen im Vergleich zum ersten Tag grosse Fortschritte erzielen können und viele Einblicke in spannende Themen gewinnen können.
Der ausschlaggebende Punkt ist für mich nun, wie ich diese Erfahrung nachhaltig in den Alltag verankern kann, damit ich sie befriedigend für mich selbst weiterziehen kann. Ich denke, dass wird ein herantasten. Ich werde nun einmal ein Wochenende überlegen und dann weiterschauen.
Fix möchte ich auf jeden Fall einmal die Woche für mich ein Konditraining im Sandastil durchführen. Weiter werde ich wohl ein Probetraining in der Schwesternschule in Aargau besuchen. Die Schule liegt besser gelegen für mich.
Auf jeden Fall kommt für mich neben dem Shaolin Chan Tempel nach diesen zwei Wochen momentan nichts anderes in Frage. Was ich hier miterleben durfte, fühlt sich sehr stimmig an. Deshalb versuche ich in dieser Schule zu bleiben und hier weiter zu machen.
Danke Riccardo – möchtest du zum Schluss noch etwas erwähnen?
Ja, ein herzliches Dankeschön!
Es ist toll, dass es solche Möglichkeiten gibt. Es ist nicht selbstverständlich, dass ihr euch so viel Zeit nehmt und so viel Wissen an Leute weitergebt, welche noch kein Vorwissen haben. Ich glaube fest, dass noch viele Leute bei euch einen Daueraufenthalt machen werden.
Lieber Riccardo,
Wir danken dir für die tolle Zeit mit dir. Mit deiner ruhigen, ausgeglichenen und humorvollen Art hast du es uns sehr einfach gemacht, dass wir dich gleich ins Herz geschlossen haben und es fühlte sich so an, als wärst du schon seit Jahren bei uns. Mit deinem Charakter passt du super zu uns. Du hast eine gute Balance gefunden zwischen fokussiertem Praktizieren und ausgelassenem Sein. In den zwei Wochen hast du grosse Fortschritte erzielt. Es ist nicht selbstverständlich, dass Menschen nach wenigen Tagen schon an die zwei Stunden am Tag meditieren können und über mehrere Stunden Kung Fu praktizieren. Ebenfalls sind wir beeindruckt, wie vernünftig du die Probleme mit dem Herzen und dem Training aufeinander abgleichen konntest. Wir freuen uns, dass du weiterhin deinen Weg mit uns bestreiten möchtest.
Möchtest auch du ein Wochenende oder gar länger in die Welt des Shaolins eintauchen? Finde alle nötigen Infos unter Weekend-und Wochenaufenthalte.